Wie sieht es eigentlich im Wahlkreis mit der Demokratie aus?
Nach der Auftaktwoche des Projekts "Demokratie für Alle“ im Bundestag, war es Halina wichtig Vereine und Einrichtungen in ihrem Wahlkreis zu besuchen, die sich mit diesem Thema beschäftigen oder zumindest einen Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft leisten.
Gesagt getan…
Nach der Auftaktwoche des Projekts "Demokratie für Alle" im Bundestag, war es Halina wichtig Vereine und Einrichtungen in ihrem Wahlkreis zu besuchen, die sich mit diesem Thema beschäftigen oder zumindest einen Beitrag zu einer demokratischeren Gesellschaft leisten.
Gesagt getan...
Halina startete ihre demokratische Wahlkreiswoche in der Schule für Erwachsenenbildung in den Kreuzberger Mehringhöfen und beim Landesjugendring. Begleitet wurde sie vom Bezirksvorsitzenden Pascal Meiser.
Die Schule für Erwachsenenbildung (SFE) wurde nach dem Schulstreik 1972 gegründet und sieht sich als Alternative zur autoritären Schulleitung, reaktionären Schulordnung, überfüllten Klassen, Leistungsdruck und Kündigungen von Schüler_innen und Lehrer_innen. Bis heute ist die SFE staatlich unabhängig und wird von Schüler_innen und Lehrer_innen selbst verwaltet. Dabei werden keine Noten vergeben, um den Druck herauszunehmen, aber auch, um der Konkurrenz unter den Schüler_innen entgegenzuwirken. Die Schüler_innen haben wie auf jeder Schule die Möglichkeit die allgemeine Hochschulreife bzw. den Mittleren Schulabschluss zu machen. Die dafür nötigen Prüfungen werden nach einer entsprechenden Vorbereitungszeit extern von einer staatlichen Prüfungskommission abgenommen.
Während des Gesprächs konnten Halina und Pascal viel über den Alltag in der SFE erfahren, sowohl aus der Perspektive von Lehrer_innen als auch aus der der Schüler_innen. Toll fanden Halina und Pascal u.a., dass es an der SFE keine Hierarchien gibt und das Lernen dadurch abgekoppelt vom Leistungsdruck funktioniert. "Man lernt für's Leben zu lernen" fasst der anwesende Schüler knackig zusammen. Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist eine Schule, in der Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie auf Widerstand treffen und der Leistungsdruck, sowie die Profitorientierung aus dem Lernen an sich genommen wird. Halina findet es toll und wichtig, dass diese gesellschaftlich wichtigen Aspekte vermittelt werden.
Die Finanzierungen der SFE - Gehälter der Lehrer_innen, Miete - läuft über die 160€ Schulgeld, das alle Schüler_innen zahlen. Dies ist nicht immer einfach, vor allem für Schüler_innen die das Abitur oder den MSA machen. Einige der Abiturient_innen bekommen ein elternunabhängiges Bafög oder je nach Jobcenter auch Hartz IV. Die Personen, die den MSA machen, erhalten jedoch weder das eine noch das andere. Sehr schade, dass die finanzielle Situation der Schüler_innen darüber entscheidet, ob sie so eine Schule besuchen können oder nicht.
Nach diesem Treffen ging es weiter zum Landesjugendring (LJR) - ein Zusammenschluss der Berliner Jugendverbände. Die wichtigsten Ziele des LJR sind: Selbstorganisation, Mitbestimmung und ehrenamtliches Engagement. Für sie ist die Selbstorganisation das zentrale Strukturmerkmal der Jugendverbandsarbeit, da junge Menschen in Jugendverbänden und -ringen ihre Anliegen und Interessen selbst zum Ausdruck bringen und vertreten. Mitbestimmung betrachten sie als das Recht von Kindern und Jugendlichen, in allen sie betreffenden und sie interessierenden Fragen mitzugestalten. Gleichwohl bedeutet Mitbestimmung und Selbstorganisation auch die Übernahme von Verantwortung bzw. ehrenamtliches Engagement. Pascal und Halina finden diese Arbeit in den Jugendverbänden sehr wichtig, da Engagement und Interessenvertretung einen konstitutiven Betrag für eine demokratische und emanzipierte Gesellschaft leisten.
Einige der Mitglieder des Landesjugendrings engagieren sich auch das aktive Wahlrecht ab 16. Hierfür hat der LJR auch eine Online-Petition gestartet, worin sie die im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien auffordern, sich für eine Verfassungsänderung einzusetzen, um das aktive Wahlrecht auf Landesebene auf 16 Jahre zu senken. Gleichzeitig erwähnt Tillmann Weickmann - Geschäftsführer des LJR -, dass unter den Jugendlichen unterschiedliche Positionen vorhanden sind...wie es in einer Demokratie halt üblich ist. Herausragende Argumente sind dabei, dass einige Jugendliche sich gar nicht ausmalen wollen, was ihre Mitschüler_innen wählen würden und dann lieber auf ihr eigenes Wahlrecht verzichten wollen würden. Doch leider gilt dies auch für über 16-jährige. Neben der Frage des Alters wird vor allem auch über die Passfrage, also das Ausländerwahlrecht gesprochen.
Eine weitere wichtige Arbeit innerhalb der unterschiedlichen Jugendverbände ist das Organisieren von Austauschtreffen zwischen Jugendlichen und politischen Entscheidungsträger_innen. Diese Austauschtreffen findet Tillmann sehr wichtig. "Sie sind super an junge Menschen angepasst, weil sie von ihnen selbst gestaltet werden."
Ein ganz besonderes Anliegen hatte der Geschäftsführer am Ende des Gesprächs dann doch, nämlich: Die Verbesserung des § 72a SGB VIII im Rahmen der geplanten Novelle des SGB VIII. Seit Jahren betrachten sie die Implementierung und Umsetzung des § 72a SGB VIII als kritisch, da nach diesem Paragrafen auch von Ehrenamtlichen in der Jugendarbeit erweiterte Führungszeugnisse einzusehen sind. Dies ist einerseits ein enormer bürokratischer Aufwand und andererseits sind in erweiterten Führungszeugnissen Informationen erhalten, die irrelevant für die Arbeit mit Jugendlichen sind und datenschutzrechtlich außerdem sehr schwierig sind. Eine bessere Alternative wäre also ein Negativattest, in dem dann nur die Informationen sichtbar sind, die relevant für die Arbeit mit Jugendlichen und Kinder sind.
"Absolut richtig und wichtig" findet Halina und geht mit sehr vielen neuen Eindrücken ins Wahlkreisbüro.
Im zweiten Teil ihrer Wahlkreiswoche zum Thema Demokratie besuchte Halina zwei alte Bekannte: GiB e.V. - Gemeingut in BürgerInnenhand und die SOZIALHELDEN.
Beim Besuch bei GiB e.V. wurde Halina von Gaby Gottwald - Direktkandidatin für die kommenden Abgeordnetenhauswahlen im Wahlkreis 1 - begleitet. Das große Thema bei GiB e.V. ist aktuell die Autobahnprivatisierung. Ein wirklich hochspannendes und wichtiges Thema findet Halina. Vor allem im Hinblick auf das Motto ihrer aktuellen Wahlkreiswoche - "Demokratie für Alle!" Denn abgesehen davon, dass die Privatisierung der Autobahn mit einer Grundgesetzänderung verbunden ist, sind die Kosten, die trotz einer Privatisierung für Bund, Länder und Steuerzahler_innen entstehen würde nicht einschätzbar. Niemand weiß, was die Privatisierung tatsächlich wert ist. Skandalös ist neben dem Ausverkauf landes- und bundeseigener Unternehmen - wie der Deutschen Post AG und der Deutschen Bahn - der intransparente Prozess im Hinblick auf die Autobahnprivatisierung. Zwar haben sich die Verkehrsminister der Länder alle geschlossen gegen eine private Bundesfernstraßengesellschaft und Grundgesetzänderung ausgesprochen, doch die Ministerpräsidenten positionieren sich nicht, sondern führen lieber heimliche Kamingespräche mit der Bundeskanzlerin. Mit Demokratie hat das alles herzlich wenig zu tun erzählt Carsten Waßmuth von GiB e.V. im Gespräch mit Halina.
"Seit 2007 sprechen sich laut Umfragen regelmäßig 80% der Bevölkerung gegen eine Autobahnprivatisierung aus. Wir haben bereits ¼ Mio. Unterschriften gegen die Privatisierung gesammelt und hatten allein dieses Jahr bereits sechs bundesweite Aktionen dagegen, die alle extrem gut besucht waren. Briefe an die Ministerpräsidenten - von uns und von Bürger_innen - werden mit inhaltsleeren Phrasen beantwortet. Und auch die Gewerkschaften, Umweltverbände und der ADAC sprachen sich kritisch gegenüber der Privatisierung aus."
Auch wenn GiB e.V. und andere Privatisierungsgegner_innen langsam an die Grenzen ihrer Kreativität geraten werden sie nicht aufgeben. Halina und Gaby wünschen allen Aktiven weiterhin viel Erfolg, Ausdauer und Kreativität im Kampf gegen die Autobahnprivatisierung.
Nach einem kleinen abschließenden Plausch über das nette und interessante Gespräch mit Carsten Waßmuth verabschiedete sich Gaby und Halina zog weiter zu den SOZIALHELDEN.
Was an den SOZIALHELDEN demokratisch ist?! Ziemlich alles ehrlich gesagt. Die SOZIALHELDEN setzen sich mit ihren unterschiedlichen Projekten für die gesellschaftliche Teilhabe und einen Wandel hinsichtlich des klischeebehafteten Bildes von Menschen mit Behinderung ein. Tolle Beispiele dafür sind u.a. Gesellschaftsbilder.de - eine vielfältige Bilddatei mit Fotos von Menschen mit Behinderung in einem klischeefreien Umfeld, Wheelmap.org, die andersmacher - "ein Videoprojekt, das Menschen mit Behinderungen vorstellen möchte, die einen anderen Lebenslauf haben."
Besonders interessant im Hinblick auf das Thema Demokratie ist die aktuelle Kampagne #NichtMeinGesetz, an der sich die SOZIALHELDEN und vor allem Raúl Krauthausen - Mitbegründer der SOZIALHELDEN - derzeit beteiligen. Mit dieser Kampagne wehrt sich die Selbstvertretung behinderter Menschen in Deutschland - #abilitywatch - gegen das aktuelle Bundesteilhabegesetz. 2009 hat sich Deutschland dazu verpflichtet die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention einzuhalten. Das aktuelle BTH widerspricht dem jedoch total. Deswegen fordert die Selbstvertretung behinderter Menschen ein Teilhabegesetz, "das Menschen, die mit Assistenz leben, einkommens- und vermögensunabhängig den Zugang und die Finanzierung von Assistenzleistungen ermöglicht und diese niederschwellig zugänglich macht statt weitere Bürokratiebarrieren aufzubauen." Im Gespräch mit Halina erzählt Jonas Deister von den SOZIALHELDEN, dass sich die Leute aktuell behinderter machen müssen als sie tatsächlich sind, um überhaupt irgendwelche Leistungen zu erhalten. Außerdem sollten die Betroffenen bei den Gesetzesanhörungen involviert sein. "Ja. Das würde die Demokratie auf jeden Fall demokratischer machen", findet Halina.
Die Betroffenen haben das mit der Demokratie im Gegensatz zu den politisch Verantwortlichen verstanden und werden nicht aufhören für ihre Rechte zu kämpfen. "Es ist echt toll die ganze Entwicklung rund um #NichtMeinGesetz und #abilitywatch zu beobachten. Wir waren vorher politisch nicht so involviert", berichtet Jonas.
Außerdem sprachen Halina und die SOZIALHELDEN noch über Anfeindungen über soziale Netzwerke, denen vor allem Raúl Krauthausen aktuell ausgesetzt ist, und #nohatespeech - einer tollen Kampagne dagegen.
"Die Vereine und Initiativen machen ne' tolle Arbeit und geben echt Alles in ihren jeweiligen Bereichen, um die Demokratie zu demokratisieren!" Halina hat auf jeden Fall wieder mal viele interessante Anregungen und Ideen für ihre parlamentarische Arbeit und vor allem für ihr Herzensprojekt "Demokratie für alle" mitgenommen.
Und da die Devise "Demokratie für Alle" auch im Bereich der Medien gilt, ging Halinas Monatsspende für den Juni an Correct!v. Ein Zusammenschluss von investigativen und aufklärenden Journalist_innen, die sich als Antwort auf die Medienkrise sehen, in der Verlage und Zeitungen Etats kürzen müssen und die eigentliche Wächter_innenfunktion der Medien gefährdet ist.